21. August 2022 · Ellen Riesterer

Was ist das Gegenteil von Storytelling?

Wenn Reden Silber und Schweigen Gold sind, was ist dann das Zuhören? Meiner Meinung nach müsste das aufmerksame Zuhören mindesten Platin, wenn nicht sogar

Wenn Reden Silber und Schweigen Gold sind, was ist dann das Zuhören?

Meiner Meinung nach müsste das aufmerksame Zuhören mindesten Platin, wenn nicht sogar Diamant sein. Denn nur wer zuhört, erfährt Neues, kann sich einfühlen, erkennt Probleme, findet Lösungen. Allerdings ist das mit dem Zuhören – gerade in der heutigen Zeit, wo wir alle mit Input bombardiert werden – so eine Sache. Es wird bei all dem Lärm immer schwieriger, unseren Geschichten Gehör zu verschaffen bzw. unsere Botschaft rüberzubringen. Das liegt daran, dass wir fast nur noch selektiv zuhören. Dies gilt sowohl in unserem Privatleben als auch entlang aller Hierarchieebenen in Unternehmen. Das ist nachvollziehbar. Es sei uns verziehen ... zum Teil.

Wenn du in der Chefetage, als Projektleiter*in, in Corporate Communication oder in HR arbeitest, dann entgehen dir durch das selektive Zuhören wertvolle Geschichten. Und zwar die deiner Teammitglieder. Diese Storys sind mehr als Gold wert, wenn du den Zusammenhalt stärken, deine Werte vermitteln und/oder neue Wege und Strukturen implementieren möchtest.

In diesem Blogbeitrag geht es nicht ums Storytelling. Es geht ums Gegenteil.

Es geht ums Storylistening.

Mindestens eine Geschichte

So viel hat jeder von uns auf Lager. Pro Tag. Zu einem Thema.

Und ein Thema, das alle in eurem Unternehmen beschäftigt, das ist das Unternehmen selbst. Sei es das Arbeitsumfeld, die Kollegen, die Aufgabenverteilung, Problemlösungen, Zeiteinteilung, etc. Jeder hat seine Meinung, hat Ideen, kann aus Erfahrungen schöpfen. Jeder hat eine Geschichte zu erzählen.

Storylistening ist die Kunst, diese Geschichte nicht nur ans Tageslicht zu fördern, sondern ihnen auch konzentriert, offen, vorurteilslos und geduldig zuzuhören. Wenn dir das gelingt, dann zapfst du nicht nur einen gigantischen Wissensschatz an. Du fängst an, deinen Betrieb aus anderen Sichtweisen zu betrachten, deckst Stärken und Schwachstellen auf, die dir vorher verborgen waren, und du kreierst ein unglaublich wertvolles Arbeitsambiente.

Die drei Hauptvorteile des Storylistening

Für mich der mit Abstand wertvollste Pluspunkt des Storylistening ist:

Die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden

Du kennst das bestimmt aus eigener Erfahrung: Die C-Etage trifft eine Entscheidung, die – immer sauber entlang der Wasserfall-Hierarchie – nach unten kommandiert wird. Du und dein Team wissen aber, dass diese Entscheidung in eurem Wirkungsbereich Probleme aufwirft. Probleme, die fünf Etagen weiter oben keiner auf dem Schirm hat und somit auch keinen interessieren. So etwas sorgt für Unmut.

Und nun stell dir mal vor, dass der CEO persönlich bei dir vorbeischaut und dir ganz bewusst zuhört. Deine Meinung wird geschätzt und beim Entscheidungsprozess mit in die Waagschale geworfen. Du und dein Team fühlt euch gehört.

Nutze diesen Approach auch in deinem Unternehmen. Die gehörten Geschichten deines Teams kannst du dann im nächsten Schritt in deine Story einweben, wenn du vor deiner Belegschaft / deinen Teammitgliedern sprichst. Die Geschichten anderer stärken das Verständnis unter- und füreinander. Somit schaffst du Zusammenhalt und Teamwork.

Du hörst Geschichten aus erster Hand

Desto mehr Menschen eine Story hören und weitergeben, desto mehr verändert sich der Inhalt. Wenn du dir aber die Zeit für Storylistening nimmst, dann hast du jedes Mal die Originalgeschichte. Lupenrein und authentisch. Im weiteren Verlauf gibst du die Story 1 zu 1 weiter, was das Selbstwertgefühl der Geschichtenerzähler*innen steigert und deine Glaubwürdigkeit untermauert.

Du teilst nicht nur Geschichten – du teilst Emotionen

Jede Story, die du von deinen Teammitgliedern hörst, ist echt, emotionsgeladen und für alle anderen Mitarbeitenden nachvollziehbar. Wenn du demnach die Geschichten wiedergibst, dann transportierst du auch die Gefühle, die in den Storys stecken. Und das erweckt Leidenschaft in anderen. Es inspiriert sogar, die eigene Geschichte zu teilen. Wenn du also einmal mit dem Storylistening anfängst, dann erschliesst sich eine schier endlose Story-Quelle.

Storylistening folgt keinem Plan  

Wenn es darum geht, zuzuhören, dann bist du nicht am Steuer. Das heisst, dass es beim Storylistening kein festes Skript gibt. Tatsächlich stehst du bei jedem Interview vor einem weissen Blatt. Du willst kein Gespräch lenken. Du willst Geschichten hören. Unverfälscht. Echt. Roh und völlig frei.

Was du – und besonders dein Gegenüber – benötigen, das sind kleine Anstupser. Mit einem «Hi! Schön, dass du da bist. Und jetzt erzähl mir was!» lockst du zu 99 % keine Katze hinterm Ofen hervor. Es gilt zunächst, eine Vertrauensbasis aufzubauen. Erkläre völlig transparent, worum es geht, was du dir von diesem Austausch erhoffst und – ganz wichtig – dass euer Austausch keinerlei Konsequenzen nach sich zieht.

Dein Ziel ist es, andere Einblicke in dein Unternehmen zu bekommen. Was hier also hilft, das sind ein paar Fragen. Und am besten solche, die sich auf die Werte des Unternehmens beziehen. Diese könnten unter anderen Kundennähe, Umweltbewusstsein, soziale Kompetenz, Flexibilität, usw. sein. Wenn du also nach einem Erlebnis mit Kunden fragst, das deinem Gegenüber ganz besonders in Erinnerungen geblieben ist, dann öffnest du wahrscheinlich die Tür für so manche interessante Geschichten.

Und ab da beginnt der Moment, an dem jegliche Vorausplanung ein Ende nimmt. Ab jetzt heisst es zurücklehnen und zuhören.

Tipp: Damit dir nach der Storylistening-Session nichts verloren geht, nimm die Geschichten auf.

Mein Fazit zum Storylistening

Das Pendant zum Storytelling ist unsagbar wertvoll. In den FolienWerken gehört das Zuhören, bzw. das Storylistening, zu unserem Arbeitsalltag. In meiner Funktion als Geschäftsführerin hat das bewusste Zuhören mein Leben und meinen Job nicht nur mit vielen lustigen Geschichten bereichert. Es hat mir Insights in den Arbeitsalltag, die Sorgen, Wünsche und Erfahrungen meines Teams gegeben. So konnten wir schon viele produktive Veränderungen durchführen: Wir konnten nicht nur unsere Workshops wie die StoryWerke und die DesignWerke besser strukturieren, sondern haben uns besonders als Menschen genähert und als Team gefestigt.

Gerade in der Zeit, als sich bei uns in der Unternehmensausrichtung ein paar Sachen geändert haben – Stichwort: Changemanagement – war das Storylistening ein geniales Tool, um Sorgen und Ängste im Team abzuschwächen, Verständnis für den Change aufzubauen und die neuen Werte zu vermitteln. Ich habe von meinem Team viele Geschichten über Veränderungen gehört. Veränderungen in der Familie, Umzüge, Job-Wechsel. Der ganz normale Wahnsinn eben. Und diese Geschichte haben mir unglaublich dabei geholfen, die Veränderungen im Unternehmen intern zu kommunizieren.

Storylistening ist nicht immer einfach, dafür aber immer wertvoll. Selbst wenn dir die gehörte Geschichte nicht spezifisch dabei weiterhilft, etwas intern rüberzubringen, so hast du aber dein Teammitglied besser kennengelernt. Du hast Vertrauen aufgebaut. Du hast persönlich Interesse gezeigt. Du hast dein Team gestärkt. Und du hast einer Geschichte lauschen dürfen.

Was will man mehr?           

Wenn du mir und den vielen anderen Blogleser*innen deine Geschichte zum Storylistening erzählen möchtest, dann tobe dich in der Kommentarbox aus. Ich freue mich über jede Geschichte, Fragen und Anregungen.


Ellen

Autor:in

Ellen

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